Optimaler Aufbau: Ein Blick auf die Struktur qualifizierter Arbeitszeugnisse
Arbeitszeugnisse folgen üblicherweise einer festgelegten Struktur, die aus verschiedenen Grundelementen besteht. Diese Elemente sollten idealerweise alle in einem qualifizierten Arbeitszeugnis enthalten sein. Der Umfang der einzelnen Elemente und die Seitenanzahl hängen von der Dauer der Beschäftigung ab. Es gibt zwar keine starren Regeln, aber Faustformeln können hilfreich sein. Bei Beschäftigungsdauern von über 2-3 Jahren können aufgrund einer ausführlicheren Tätigkeitsbeschreibung sogar zweiseitige Arbeitszeugnisse entstehen. Kürzere Anstellungsverhältnisse sollten, wenn möglich, auf einer Seite beurteilt werden.
Zusammengefasst: Wie ist ein qualifiziertes Arbeitszeugnis strukturiert? Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis umfasst eine Überschrift, eine Einleitung, eine Beschreibung der Tätigkeiten, eine Bewertung der Leistung und des Verhaltens sowie eine Schlussformel. In der Einleitung sind Angaben zur Person, zum Zeitraum der Beschäftigung und zur Position zu finden. Die Schlussformel beinhaltet Danksagungen und Zukunftswünsche. Zudem sollte eine Kurzbeschreibung des Unternehmens für Branchenfremde ergänzt werden.
Die nachfolgenden Elemente sind wesentliche Bestandteile eines qualifizierten Arbeitszeugnisses:
Überschrift
Die Überschrift eines Zeugnisses sollte auf den ersten Blick klarstellen, um welche Art von Zeugnis es sich handelt.
Beispiele für passende Überschriften sind:
Arbeitszeugnis
Zwischenzeugnis
Ausbildungszeugnis
Praktikumszeugnis
Andere Überschriften wie beispielsweise "Arbeitsbescheinigung" oder "Mitarbeiterbeurteilungen" stellen unzulässige Abwertungen dar. Insbesondere bei Praktika kann es vorkommen, dass als Überschrift "Tätigkeitsnachweis" gewählt wird, obwohl die Inhalte einem qualifizierten Arbeitszeugnis entsprechen. In solchen Fällen sollte die Überschrift korrekt als "Praktikumszeugnis" gewählt werden.
Einleitung
In der Einleitung finden sich die grundlegenden Angaben zur Person des Beurteilten. Hierzu gehören der Vor- und Nachname, das Geburtsdatum mit Geburtsort, das Eintrittsdatum sowie gegebenenfalls das Austrittsdatum und die Berufsbezeichnung. Zusätzliche Informationen zur Abteilung oder zu einem Positionswechsel können ebenfalls in der Einleitung aufgeführt sein. Hingegen sollten in der Praxis häufig anzutreffende Angaben zum Wohnort vermieden werden. Die Stammdaten ermöglichen bereits eine eindeutige Identifizierung der Person, während Adressangaben heutzutage schnell veralten und darüber hinaus keinen zusätzlichen Nutzen bieten.
Beispiel für eine Einleitung: "Herr Max Muster, geboren am 01.01.1980 in Hamburg, war vom 01.01.2000 bis 31.12.2010 als Personalsachbearbeiter in unserem Unternehmen tätig."
Unternehmensbeschreibung
Die Unternehmensbeschreibung hat hauptsächlich den Zweck, das Arbeitsumfeld zu kontextualisieren. Sie ermöglicht es auch Branchenfremden, sich ein Bild von kleineren und mittelständischen Unternehmen zu machen. In der Praxis kommt es häufig vor, dass an dieser Stelle eine Art Werbetext des Unternehmens eingefügt wird. Das ist jedoch an dieser Stelle unangebracht. Die Unternehmensbeschreibung sollte maximal 10% des gesamten Zeugnisses ausmachen.
Beispiel für eine angepasste Unternehmensbeschreibung: "Die XY GmbH ist spezialisiert auf hochwertige Haus- und Einbaugeräte sowie Gewerbemaschinen im professionellen Einsatz und zählt zu den Innovationsführern der Branche. Derzeit sind etwa 820 Mitarbeiter an 5 Standorten in Deutschland, Belgien und Portugal für uns tätig."
Tätigkeitsbeschreibung
Die Tätigkeitsbeschreibung bietet den größten Raum für die individuelle Ausgestaltung eines Arbeitszeugnisses. Hier sollten die spezifischen Tätigkeiten und Projekte des Beurteilten detailliert aufgeführt werden. Laut einer aktuellen Studie unter Personalverantwortlichen in kleinen, mittleren und großen Unternehmen gilt die Tätigkeitsbeschreibung als der relevanteste Bestandteil von Arbeitszeugnissen (85%) (Grau, S., & Watzka, K. (2016), S.99). Daher sollte der Beschreibung der Tätigkeiten eine besondere Bedeutung beigemessen werden.
Beispiel für eine Tätigkeitsbeschreibung: "Ihm wurden folgende Aufgaben übertragen:
Entwicklung und messtechnische Betreuung von Sensoren/Sensorsystemen,
Entwicklung physikalischer Messmethoden,
Projektierung und Planung der Entwicklung von Sensoren in Zusammenarbeit mit unseren anderen Entwicklungsabteilungen (Konstruktion, Elektronik, Software),
Erarbeitung von Messmodellen zur Berechnung von technischen Einheiten aus Rohsignalen,
Erarbeitung von Kalibrier- und Fertigungsanweisungen."
Quelle: Grau, S., & Watzka, K. (2016). Arbeitszeugnisse in Deutschland: Kritische Analysen zu ihrer Erstellung und Nutzung in der Personalauswahl. Springer-Verlag.
Leistungsbeurteilung
In diesem Abschnitt des Zeugnisses erfolgt eine Bewertung der Leistung des Beurteilten anhand verschiedener Kriterien, zu denen gehören:
Arbeitsweise und -erfolg
Arbeitsbefähigung & Belastbarkeit
Leistungsbereitschaft
Fachwissen und Weiterbildung.
"Herr Muster zeigte schon nach einer sehr kurzen Einarbeitung ein überdurchschnittliches Können und eine hohe Verantwortungsbereitschaft.
Er zeichnete sich besonders durch seine präzise Arbeitsweise, seine Einsatzbereitschaft, sein Organisationstalent sowie ... aus."
Beispiele für die Leistungsbeurteilung
Die Zuordnung der einzelnen Eigenschaften zu den genannten Kategorien kann je nach Literatur und Praxis minimal variieren. Die inhaltliche Bedeutung und die damit verbundenen Aussagen über den Mitarbeiter sind jedoch einheitlich und werden im Folgenden erläutert:
Arbeitsweise und -erfolg
In diesem Bereich erfolgt die Bewertung der Arbeitsweise, einschließlich Zuverlässigkeit, Systematik, Arbeitsgeschwindigkeit (Arbeitsmenge und -tempo), Qualität der Ergebnisse und der erzielten Erfolge des Mitarbeiters.
"Die Arbeitsergebnisse von Herrn Muster sind durchweg von hoher Qualität.
Beispiele für die Bewertung von Arbeitsweise und -erfolg: Er zeichnet sich stets durch zuverlässiges und äußerst präzises Arbeiten aus."
Arbeitsbefähigung & Belastbarkeit
In diesem Abschnitt wird die Fähigkeit des Beurteilten bewertet. Dabei werden die Auffassungsgabe, das Denk- und Urteilsvermögen sowie die Belastbarkeit beurteilt. Letztere beschreibt vor allem die Fähigkeit, unter anspruchsvollen Bedingungen wie Zeitdruck, die geforderten Leistungen abzurufen.
"Frau Muster bewies sich stets als äußerst belastbar und bewältigte selbst unter großem Arbeitsanfall die Aufgaben erfolgreich, wobei sie auch unter hohem Termindruck stets hochqualitative Ergebnisse lieferte.
Dank seiner ausgeprägten Urteils- und Denkfähigkeit meistert er erfolgreich zahlreiche Problemlagen.
Beispiele für die Bewertung von Arbeitsbefähigung & Belastbarkeit:
Basierend auf ihrer schnellen Auffassungsgabe behält sie auch in schwierigen Situationen stets den Überblick, analysiert komplexe Zusammenhänge treffend und eignet sich zügig neues Fachwissen an."
Leistungsbereitschaft
Im Gegensatz zu den vorherigen Kategorien, die sich auf das Können des Mitarbeiters konzentrierten, wird in dieser Kategorie der persönliche Wille des Mitarbeiters bewertet. Hierbei wird beurteilt, wie viel Engagement und Fleiß aufgebracht wurden, um die gestellten Aufgaben erfolgreich zu bewältigen.
Beispiel für die Bewertung der Leistungsbereitschaft "Herr Muster zeichnet sich durch eine stets vorhandene Eigeninitiative aus und überzeugt durch seine ausgeprägte Leistungsbereitschaft."
Fachwissen und Weiterbildung
Die Kategorie "Fachwissen und Weiterbildung" beschreibt die fachliche Kompetenz des Mitarbeiters, einschließlich allgemeinem Wissen, detailliertem Spezialwissen oder Sprachkenntnissen. Diese Kompetenzen können theoretisch durch Weiterbildungen oder praktisch vor oder während des Beschäftigungszeitraums erworben worden sein. Die Bewertung von Weiterbildungsmaßnahmen erfolgt sowohl hinsichtlich des erfolgreichen Abschlusses als auch des damit verbundenen Nutzens für das Unternehmen – nämlich, ob das durch Weiterbildungen erworbene Wissen gewinnbringend in der täglichen Arbeit angewendet wurde.
Beispiele für die Bewertung von Fachwissen und Weiterbildung:
"Frau Muster verfügt über äußerst fundierte und vielseitige Fachkenntnisse, die sich auch in Nebenbereichen erstrecken, und setzt diese stets sehr bedacht und zielorientiert in der Praxis ein.
Er erweitert und aktualisiert seine bereits guten Fachkenntnisse mit großem Gewinn durch die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen, zum Vorteil des Unternehmens."
Führungsleistungen
Die Bewertung der Führungseigenschaften ist Bestandteil der Leistungsbeurteilung und wird ausschließlich bei Vorgesetzten oder Mitarbeitern mit Führungsaufgaben berücksichtigt. In diesem Abschnitt werden Mitarbeiter in leitenden Positionen dahingehend beurteilt, wie sie ihr Team motivieren, welchen Erfolg sie durch ihren Führungsstil erzielen konnten und wie die Beziehung zwischen der Führungskraft und dem Team aus der Sicht der Mitarbeiter bewertet wird.
Beispiel für die Bewertung von Führungsleistungen:
"Er motivierte sein Team durch einen kooperativen, sach- und personenbezogenen Führungsstil sowie klare, gemeinsam vereinbarte Zielvorgaben zu anhaltend guten Ergebnissen. Als Vorgesetzter genoss er jederzeit hohes Ansehen und Respekt."
Zusammenfassende Leistungsbeurteilung
Die zusammenfassende Leistungsbeurteilung ist eine zentrale Aussage im Arbeitszeugnis und fasst in der Regel die Gesamtarbeitsleistung des Beurteilten in einem Satz zusammen. Dieser Satz ist wichtig für eine schnelle Analyse des Zeugnisses.
Es ist jedoch entscheidend zu beachten, dass das gesamte Arbeitszeugnis nicht allein anhand dieses Satzes bewertet werden sollte. Da die Zeugnissprache mit verschiedenen Verschlüsselungstechniken arbeitet und von den meisten Lesern nicht vollständig verstanden wird, ist bekannt, dass in der Zeugnissprache zwischen voller und vollster Zufriedenheit unterschieden wird. Dies kann dazu führen, dass Personaler absichtlich diese Kategorie besser bewerten, um eine möglicherweise negative Bewertung in anderen Leistungskategorien zu "verbergen".
Beispiel für eine zusammenfassende Leistungsbeurteilung:
"Herr Muster hat die ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt."
Soziales Verhalten
Die Interaktion mit Vorgesetzten, Mitarbeitern, Kollegen, Kunden und anderen externen Parteien sowie das allgemeine Auftreten des Beurteilten fließen in die Bewertung des Sozialverhaltens ein. Hierbei erfolgt eine Unterscheidung zwischen dem internen und externen Verhalten sowie dem Auftreten des Beurteilten. Letzteres beurteilt unter anderem die Umgangsformen und die Integrität des Beurteilten. Obwohl die Beurteilung des sozialen Verhaltens in der Regel kürzer ausfällt als die Leistungsbewertung, kommt ihr ein genauso wichtiger Aspekt zu. Starke Abweichungen zwischen der Bewertung der Leistung und des Verhaltens lassen Rückschlüsse auf die Person zu.
Beispiel für Sozialverhalten:
Das Verhalten von Herrn Muster gegenüber seinen Vorgesetzten und den Mitarbeitern war stets vorbildlich.
Schlussformel
Die Schlussformel umfasst den Beendigungsgrund, gegebenenfalls den Ausstellungsgrund bei Zwischenzeugnissen, die Dankes- und Bedauerungsformel sowie die Äußerung etwaiger Zukunftswünsche. Der Schlussformel kommt eine bedeutende Rolle bei der umfassenden Beurteilung von Arbeitszeugnissen zu und erfordert daher eine detaillierte Betrachtung.
Beendigungs- /Ausstellungsgrund
An dieser Stelle wird darüber Auskunft erteilt, warum das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Dies kann auf den Wunsch des Arbeitnehmers, das Ende eines befristeten Arbeitsvertrags, betriebliche Gründe, eine einvernehmliche Trennung oder eine Kündigung seitens des Arbeitgebers zurückzuführen sein. Letzteres wird dem erfahrenen Leser durch die Angabe des Austrittsdatums ohne weitere Erläuterung mitgeteilt, beispielsweise "Das Arbeitsverhältnis endete am Austrittsdatum".
Eine fristlose Kündigung kann anhand eines ungeraden Austrittsdatums erkannt werden. Wenn Arbeitsverhältnisse nicht zum 15. oder Ende des Monats (30./31.) beendet wurden, liegt eine fristlose Kündigung vor.
Bei Zwischenzeugnissen wird der Grund für die Ausstellung genannt. Beispiele hierfür sind Vorgesetzten- oder Positionswechsel innerhalb des Unternehmens.
Beispiel für Beendigungs- /Ausstellungsgrund:
Auf eigenen Wunsch verlässt uns Herr Muster zum 31.07.2017, um sich beruflich zu verändern.
Dankes- und Bedauerungsformel
Am Ende des Arbeitszeugnisses wird dem Beurteilten für seine geleistete Arbeit gedankt, und es wird das Bedauern über das Ausscheiden aus dem Unternehmen zum Ausdruck gebracht. Das Fehlen oder die negative Formulierung dieses Elements stellt einen äußerst wichtigen Aspekt für die Gesamtbewertung des Zeugnisses dar. Die Dankes- und Bedauerungsformel ist üblicherweise Bestandteil des Beendigungsgrundes oder der Zukunftswünsche. Die Bedeutung dieses Bestandteils wird unterstrichen, da es in rechtlichen Auseinandersetzungen kein Anrecht darauf gibt, eine Danksagung oder Bedauerung zu erhalten. Anders als oft behauptet, kann somit auch kein gerichtlich durchsetzbares Recht auf ein vollständig positives Zeugnis beansprucht werden.
Zukunftswünsche
Äquivalent zur zusammenfassenden Leistungsbeurteilung und der Dankes- und Bedauerungsformel nehmen die Zukunftswünsche einen entscheiden Faktor bei Schnellanalysen von Arbeitszeugnissen ein. Anhand der Zukunftswünsche kann abgeleitet werden wie das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der Beendigung war und welcher Gesamteindruck somit zurückbleibt.
Genau wie bei der Dankes- und Bedauerungsformel existiert kein Recht auf die Nennung von Zunkunftswünschen. Auch bei richterlichen Anordnungen ein positives Arbeitszeugnis auzustellen, besteht für den Arbeitnehmer kein Anspruch darauf, dass Zukunftswünsche Bestandteil des Arbeitszeugnisses sind. Demzufolge können Personaler nicht nur anhand der Sätze die Schlussformel beurteilen, sondern erhalten wichtige Informationen über das Verhältnis des Arbeitnehmers und Arbeitgebers durch die Nennung oder Nicht-Nennung von Zukunftswünschen.
Beispiel für Zukunftswünsche:
Wir danken Herrn Muster für die jahrelange gute Zusammenarbeit und wünschen ihm für seinen weiteren Lebens- und Berufsweg alles Gute und weiterhin Erfolg.
Ausstellungsdatum und Unterschrift
Das Arbeitszeugnis wird in der Regel von einem Vorgesetzten des Beurteilten unterzeichnet, wobei neben dem Fachvorgesetzten oft auch ein Vertreter der Personalabteilung die Unterschrift setzt. Die Position des Unterzeichners kann zusätzliche Wertschätzung oder Geringschätzung ausdrücken.
Die Unterschrift aus der Personalabteilung signalisiert, dass der Aussteller ein Kenner der Zeugnissprache ist und diese gezielt einsetzt.
Das Ausstellungsdatum und das Austrittsdatum sollten in der Regel identisch sein. Andernfalls könnten Spekulationen darüber entstehen, ob ein arbeitsrechtlicher Prozess stattgefunden hat oder ob es sich um eine bewusste Geringschätzung handelt. Das Ausstellungsdatum kann sowohl am Anfang als auch am Ende des Zeugnisses platziert werden.
Beispiel für Ausstellungsdatum: "Hamburg, den 31.07.2017 Peter Müller, Abteilungsleiter Personalbuchhaltung"