Arbeitszeugnisse verstehen: Tipps zum Lesen und Deuten der Zeugnissprache
Millionen von Berufstätigen erhalten jährlich ein Arbeitszeugnis und stellen sich die Frage: Wie interpretiere ich die Formulierungen richtig? Diese Frage sollten sie sich zumindest stellen, denn das korrekte Lesen eines Arbeitszeugnisses und das Verständnis der darin vermittelten Botschaften ist keine leichte Aufgabe. Die Verwendung einer Fachsprache, wenn es um die Zeugnissprache in Arbeitszeugnissen geht, ist nicht umsonst ein häufig diskutiertes Thema.
Ein fundiertes Verständnis der Zeugnissprache ist unerlässlich, um die einzelnen Formulierungen im Arbeitszeugnis korrekt zu deuten. Nur so kann das Zeugnis auf dieselbe Weise gelesen und interpretiert werden, wie es ein Personalverantwortlicher des potenziellen neuen Arbeitgebers tun würde. Die Regeln und Techniken der Zeugnissprache können in Fachliteratur, Schulungen oder in unserem Wissensbereich nachgeschlagen werden.
Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, das Gesamtbild im Auge zu behalten. Das Lesen und Deuten einzelner Sätze reicht nicht aus, um ein Arbeitszeugnis angemessen zu bewerten. Arbeitszeugnisse müssen als Ganzes analysiert werden, sodass es für ungeübte Leser mitunter schwierig ist, alle Aspekte angemessen zu berücksichtigen.
Kann man Arbeitszeugnisse nur auf EINE Art lesen und deuten?
Nein, es gibt keine einheitliche Lesart für Arbeitszeugnisse. Einige Textbausteine wurden bereits gerichtlich bewertet und haben feste Benotungen. Für die große Mehrheit der Sätze existiert jedoch keine feste Benotung, obwohl die Formulierungen den Regeln der Zeugnissprache folgen. Es bleibt ein gewisser Deutungsspielraum zwischen zwei Notenklassen. Je nach Leser kann eine Formulierung als Note 1 oder 2 interpretiert werden, wie in einer Studie unter Personalverantwortlichen deutlich wurde (Arbeitszeugnisse in Deutschland - Kritische Analysen zu ihrer Erstellung und Nutzung in der Personalauswahl - Steffi Grau & Klaus Watzka, 2016).
Dennoch liegt der Fokus bei der Auswertung von Arbeitszeugnissen nicht auf der Interpretation einzelner Sätze, sondern auf dem Gesamteindruck, den das Arbeitszeugnis vermittelt. Ist dieser positiv, ist alles in Ordnung. Wenn jedoch der Gesamteindruck eher negativ ist und Warnsignale in Form von stark negativen Sätzen gesendet werden, können auch eigentlich positive Elemente als verschleiert oder ironisch interpretiert werden.
Es ist von Vorteil, eine gewisse Erfahrung im Lesen von Zeugnissen zu haben, um negative Aspekte schneller zu identifizieren. Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass heutzutage nicht mehr nur darauf geachtet wird, wie gut (d.h., sehr gut oder gut) ein Arbeitszeugnis formuliert ist, sondern vor allem darauf, ob es negative Elemente enthält. In diesem Fall ist es ein wichtiges Signal für den Personalverantwortlichen. Im Umkehrschluss sollten Arbeitnehmer jedoch dringend darauf achten, ihr Arbeitszeugnis professionell deuten zu lassen, um sicherzustellen, dass keine negativen Formulierungen, sei es absichtlich oder unbeabsichtigt, den Weg zu neuen beruflichen Chancen blockieren.