Fachsprache und Fremdsprache: Die Doppeldeutigkeit beim Übersetzen von Arbeitszeugnissen
Das Übersetzen von Arbeitszeugnissen kann zweifach interpretiert werden. Einerseits bezieht es sich auf die Umwandlung der Fachsprache, der sogenannten Zeugnissprache, in eine verständliche Form für ungeübte Leser. Andererseits kann es auch die Übertragung deutscher Arbeitszeugnisse in andere Sprachen, wie zum Beispiel Englisch, umfassen. Dieser Artikel widmet sich beiden Aspekten im Detail.
Übersetzung der Fachsprache (Zeugnissprache)
Es ist weithin bekannt, dass qualifizierte Arbeitszeugnisse in Deutschland in einer speziellen Fachsprache verfasst sind - der sogenannten Zeugnissprache. Diese Sprache hat sich über die Jahrhunderte entwickelt. In den Anfängen waren Arbeitszeugnisse ausschließlich zum Schutz der Unternehmer gedacht und orientierten sich am damaligen Sprachgebrauch von Lob und Tadel. Das Machtgefälle zwischen Arbeitgeber und "Untertan" war stark ausgeprägt, und Angestellte waren gezwungen, nahezu alles zu tun, um ein gutes Zeugnis zu erhalten. Anfang des 19. Jahrhunderts griff der Gesetzgeber jedoch ein, um Arbeitnehmer zu schützen, und forderte wohlwollend formulierte Arbeitszeugnisse (weitere Informationen zur Geschichte der Arbeitszeugnisse).
Dieser Schutzschirm führte jedoch zur Entstehung der verklausulierten Zeugnissprache. Arbeitszeugnisse sollten wohlwollend und wahrheitsgemäß formuliert sein. Die Herausforderung bestand darin zu sagen, dass die Arbeitsleistung schlecht war, aber dies auf eine "nette" Weise zu vermitteln. So entwickelte sich die Zeugnissprache, damit Personaler die wahre Beurteilung von Leistung und Verhalten ihrer Mitarbeiter an künftige Arbeitgeber weitergeben konnten, dabei jedoch wohlwollend formulierten, um die Jobsuche nicht übermäßig zu erschweren.
Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat sich die Zeugnissprache ständig weiterentwickelt und ist immer komplexer geworden. Obwohl es allgemeine Techniken und Regeln gibt, die das Übersetzen oder Deuten der Formulierungen ermöglichen, bleibt die Zeugnissprache trotz zahlreicher Rechtsurteile nur teilweise standardisiert. Ein gewisser Interpretationsspielraum bleibt bei vielen Sätzen bestehen.
Im Internet finden sich zahlreiche Beispielsätze, teilweise mit Übersetzungen, die den Techniken und Regeln der Zeugnissprache entsprechen. Gleichzeitig gibt es jedoch auch viele falsche Aussagen von selbsternannten Zeugnisexperten, die teilweise gefährliches Halbwissen verbreiten. Wir empfehlen die strikte Anwendung der Zeugnissprache, wie sie in der Fachliteratur vorgegeben wird. Alle Regeln der Zeugnissprache finden Sie in unserem ausführlichen Artikel.
Arbeitszeugnis professionell übersetzen lassen
Die Übersetzung eines Arbeitszeugnisses erfordert normalerweise intensive Recherche durch Studium unseres Wissensbereichs und empfohlener Fachliteratur.
Da Arbeitnehmer jedoch nicht häufig mit der Analyse von Arbeitszeugnissen konfrontiert werden, gestaltet sich dieser Prozess zeitaufwendig. Eine unkomplizierte Lösung bietet unser intelligenter Analyse-Service, der auf künstlicher Intelligenz basiert. Hierbei werden nicht nur das gesamte Zeugnis, sondern auch alle Sätze in Schulnoten übersetzt.
Übersetzung von Arbeitszeugnissen in andere Sprachen
Die Zeugnissprache und qualifizierten Arbeitszeugnisse sind im Wesentlichen ein Phänomen der deutschen Sprache. In Ländern wie Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein werden Arbeitszeugnisse, wie wir sie kennen, erstellt und spielen eine entscheidende Rolle bei der Personalauswahl. In anderen europäischen Ländern existieren zwar ähnliche Dokumente, die möglicherweise gesetzlich vorgeschrieben sind, jedoch eine unterschiedliche Bedeutung im Rahmen der Personalauswahl haben:
Europäische Länder mit gesetzlichen Ansprüchen
Land | Typ & Inhalt | Bedeutung |
---|---|---|
Frankreich | Ausstellung erfolgt nach Beschäftigungsende, jedoch nur Art und Dauer der Tätigkeiten | Nicht in den Bewerbungsunterlagen, aber für Jobinterview oder auf Nachfrage |
Italien | Beschränkung auf Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit | Empfehlungsschreiben entscheidender |
Spanien | Nur Art und Dauer und nur für Praktika oder Studenten üblich | Empfehlungsschreiben entscheidender |
Polen | Angaben für arbeits- und sozialrechtliche Ansprüche, wenn gewünscht Angaben zu Entgelt und Qualifikationen | Dient vor allem zur Festlegung gesetzlicher Ansprüche |
Tschechien | Arbeitsgutachten und Bescheinigungen, jedoch ohne Vorgaben bzgl. Umfang und Inhalt | Durch fehlende Vorgaben schwierig als Vergleichsinstrument einsetzbar |
Europäische Länder ohne gesetzliche Ansprüche
Land | Typ & Inhalt | Bedeutung |
---|---|---|
Griechenland | Wird i.d.R. auf Wunsch des Arbeitnehmers nach Beendigung ausgestellt | Keine Voraussetzung, fliesst aber in Beurteilung mit ein |
Dänemark | Empfehlungsschreiben oder Arbeitsbescheinigungen | Beides üblich und sehr wichtig bei der Personalauswahl |
Großbritannien | Arbeitszeugnisse sind gänzlich unbekannt, dafür Referenzschreiben | Kein Bestandteil des Bewerbungsprozesses, eher mündl. Austausch der Arbeitgeber untereinander |
Norwegen | Ausstellung eines Attests. Mindestens Angaben zur Art und Dauer, Gestaltung frei wählbar | Negativer Einfluss, wenn nur die Mindestangaben enthalten sind. Ansonsten sind Referenzkontake wichtig |
Arbeitszeugnisse in außereuropäischen Ländern
Im englischsprachigen Raum sind insbesondere "letter of recommendation" sowie Angaben zu Ansprechpartnern früherer Arbeitgeber weit verbreitet. Im Gegensatz zu Deutschland existieren in Nord- und Südamerika keine Arbeitszeugnisse im herkömmlichen Sinne. In einigen afrikanischen Ländern gibt es zwar teilweise ähnliche gesetzliche Vorgaben wie in Europa, was auf den Einfluss der einstigen Kolonialmächte zurückzuführen ist, jedoch haben diese Dokumente nicht denselben Stellenwert. Referenzschreiben und Empfehlungsschreiben sind dort kaum üblich. In einigen asiatischen Ländern erfolgt die Personalauswahl häufig ohne Arbeitsnachweise. In China besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Arbeitszeugnisse, jedoch können sie auf Wunsch ausgestellt werden und werden in die Bewerberanalyse einbezogen.
Die Frage nach dem Nutzen der Übersetzung von Arbeitszeugnissen in andere Sprachen
Die oben genannten Beispiele verdeutlichen, dass die Zeugnissprache ein Phänomen der deutschen Sprache ist, was vor allem auf die historische Entwicklung der Arbeitszeugnisse in Deutschland zurückzuführen ist. Da in anderen Ländern zwar Dokumente mit Informationen zur Dauer und Art der Tätigkeit üblich sind, jedoch keine Fachsprache bekannt ist, stellt sich die Sinnhaftigkeit einer Übersetzung von qualifizierten Arbeitszeugnissen stark in Frage.
Internationale deutsche Großkonzerne neigen dazu, Arbeitszeugnisse sowohl in Deutsch als auch in Englisch auszustellen. Dies ist für Bewerbungen im Ausland sicherlich nicht nachteilig, da es allgemein als Nachweis und Arbeitsreferenz dient. Die präzisen Formulierungen zu Leistungsvermögen und Verhalten des Mitarbeiters gehen jedoch bei der Übersetzung ins Englische weitgehend verloren. Dies ist grundsätzlich unproblematisch, da Personaler im Ausland diese ohnehin nicht entschlüsseln könnten. Dennoch stellt sich die Frage nach dem Sinn, Zeit und Mühe in die Erstellung englischsprachiger, qualifizierter Arbeitszeugnisse zu investieren, wenn einfache Arbeitszeugnisse mit Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit denselben Zweck erfüllen können.